Die Erderwärmung und die daraus entstandene globale Klimakrise ist die größte Herausforderung für die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten. Besonders betroffen vom aktuellen Klimawandel sind die Alpen, wo die Folgen an dem immer rascheren Rückgang der Gletscher für jedermann sichtbar werden. Als leidenschaftlicher Hobbybergsteiger bin ich regelmäßig im hochalpinen Gebiet unterwegs. Viele Touren, die früher über Eis und Firn führten, sind heute wegen der Steinschlaggefahr nicht mehr oder nur über Schutt und Geröll möglich. Es ist für mich erschütternd und traurig mit anzusehen, wie rasch sich das alpine Landschaftsbild verändert.
Wie dramatisch die Auswirkungen des Klimawandels in den Alpen sind, möchte ich am Beispiel des noch größten Alpengletschers Österreichs, der Pasterze, und deren kontinuierlichen Zerfall in den letzten Jahrzehnten anschaulich zeigen.
Einleitend mache ich einen kurzer Blick über den Tellerrand
– mit der erdgeschichtlichen Temperaturentwicklung,
– den recht menschenfreundlichen Temperaturen im Holozän und
– den Ausblick auf die nächsten Jahrzehnte.
Erdgeschichtliche Temperaturentwicklung …………………………… Holozän
Die globale Erwärmung in den letzten 120 Jahren beträgt 1,2 °C. Bis 2050 wird die globale Erwärmung 2°C betragen, sofern die Reduktion des anthropogenen Treibhausgasausstoßes nicht ungebremst weitergeht und bis 2050 eine klimaneutrale Energiewirtschaft weltweit umgesetzt ist.
In den Alpen sind die Temperaturen in dieser Zeit um knapp 2°C gestiegen, somit fast doppelt soviel, wie im globalen Durchschnitt. Und sie werden weiter steigen!
Forscher sagen einen Anstieg von weiteren zwei 2°C für die nächsten 40 Jahre voraus.
Allgemein gilt: Über Landmassen ist die Erwärmung stärker als im globalen Mittel.
Besonders gut lässt sich dies auf der Nordhemisphäre beobachten, weil hier ein Großteil der globalen Landmasse zu finden ist.
In Gebieten, wo Schnee und Eis liegt, treten zusätzlich verstärkende Rückkoppelungseffekte auf:
Je geringer und kürzer die Schnee- und Eisbedeckung, desto mehr kann sich das schnee- und eisfreie Umgebung erwärmen, was einen zusätzlichen Wärmeschub zur Folge hat.
Besonders stark tritt dieser verstärkende Effekt in der Arktis auf (arctic amplification). Dort beträgt die Erwärmung aktuell über 3°C und wird noch weiter überproportional zunehmen. Der Nordpol wird in 10-20 Jahren im Spätsommer in manchen Jahren eisfrei sein.
Siehe auch:
In den Alpen zeigen sich die Veränderungen durch die Klimaerwärmung am deutlichsten an den Gletschern. In den vergangenen Jahrzehnten schrumpften viele Alpengletscher auf die Hälfte ihrer einstigen Ausdehnung und bis Ende 2100 werde alle Alpengletscher – bis auf wenige Ausnahmen – abgeschmolzen sein.
Die Folgen des Gletscher- und Permafrostrückgangs: vermehrte Hanginstabilitäten (Fels- und Bergstürze), in Kombination mit einer Zunahme der Starkniederschläge im Sommer auch mehr Murgänge.
Gletscher entstehen, indem in den höher gelegenen Bereichen, dem Akkumulationsgebiet (Nährgebiet), mehr Schnee durch die Niederschläge hinzukommt als im Sommer abschmilzt.
Der Schnee, der sich über die Jahre hinweg im Nährgebiet akkumuliert, wird unter dem eigenen Druck verdichtet und dadurch in Eis umgewandelt wird. Das Eis fließt durch die Schwerkraft langsam talwärts, gelangt ins Ablationsgebiet (Zehrgebiet) und schmilzt dort schließlich wieder. Ist die Akkumulation auf der gesamten Gletscherfläche gleich groß wie die Ablation, befindet sich ein Gletscher mit dem Klima im Gleichgewicht. Er stößt weder vor, noch zieht er sich zurück.
Die Grenze zwischen dem Akkumulations- und dem Ablationsgebiet bildet die Gleichgewichtslinie, an der Akkumulation und Ablation gleich groß sind.
Die meisten Alpengletscher, die im Mittel seit 1850, dem Ende der kleinen Eiszeit, 60% ihrer Masse verloren haben, werden bis 2100 völlig oder größtenteils verschwinden.
Im letzten Gletscherbericht des Alpenvereins wurde bei 92 vermessenen Gletschern ein Längen- und Masseverlust festgestellt, nur 7 blieben weitgehend unverändert.
Der südlichste Gletscher der Ostalpen ist der Eiskargletscher – vermessen durch Gerhard Hohenwarter/ZAMG – an der Nordseite der Kellerspitze in den Karnische Alpen. Er liegt zwischen 2115 m und 2370 m und profitiert von den starken Schneefällen
in den Frühwintern der letzten Jahre.
Sein Gegenstück, der nördlichste Gletscher der Ostalpen,
ist der Blaueisgletscher am Hochkalter in den Berchtesgadener Alpen in ähnlicher Seehöhe.
Aufgrund der geringen Höhenlage ist das Abschmelzen des Resteises bei beiden Gletschern wahrscheinlich nur mehr eine Frage von wenigen Jahren.
Auch die markante Gletscherzunge der Pasterze zerfällt zusehends. Messungen (u.a. der ZAMG) zeigen eine enorme Beschleunigung der Gletscherschmelze an der gesamten Pasterze in den letzten beiden
Jahrzehnten. Die Gletscherzunge der Pasterze wird bis 2050 überhaupt verschwinden. Dies liegt primär am Temperaturanstieg, aber auch daran, dass durch die starke Schmelzwasserproduktion. Durch die geringen Fließgeschwindigkeiten an der Gletscherzunge wird der Gletscher zusätzlich von unten und von der Seite erodiert.
Der Längenverlust in den letzten Jahren betrug über 50m/Jahr, die Abnahme der Eisdicke bis 10m/Jahr.
Alpenvereinskarte mit Gletscherstand 1965
Die Pasterze, der größte Gletscher der Ostalpen, erstreckt sich inmitten der Hohen Tauern, entlang der Nordseite Großglockners (3798 m). Der Name bezeichnet ein Gebiet, in dem Weidewirtschaft betrieben wird. Holzfunde, der Nachweis von Gräsern, Pollen und Pilzen lassen darauf schließen, dass sich während der Temperaturmaxima im Holozän auf der Pasterze Weideland befand.
Aufgrund der formschönen langen Gletscherzunge gilt sie als Idealbild eines alpinen Talgletschers.
Die Pasterze beginnt im obersten Talboden des Mölltales (Pasterzenboden), die zugleich das Quellgebiet der Möll ist.
Die hoch gelegenen Firnmulden fungieren als Nährgebiet und werden von der markanten Pyramide des Johannisberges (3453m) überragt. Dieser teilt die weitläufigen, Verflachungen in zwei geräumige Teilmulden, den Schneewinkel im Süden und den Rifflwinkel im Norden. Von diesen strömt das Eis in breiter Front talwärts und bildet zwischen den Felsen des Mittleren und Kleinen Burgstalls den so genannten Hufeisenbruch. Das Eis schiebt sich hier über eine markante, mehrere hundert Meter hohe Steilstufe, wodurch die Gletscheroberfläche regelrecht zerrissen wird. Spalten und Eistürme (Seracs) prägen diesen Bereich.
Seit den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts zeigen alljährlich größer werdende apere Stellen im Hufeisenbruch untrüglich an, dass der Eisnachschub aus den Firnmulden immer geringer wird.
Unter dem Hufeisenbruch beginnt die Gletscherzunge der Pasterze. Sie gehört zur Gänze dem Zehrgebiet an und weist talaus nur geringes Gefälle auf. Sie weist in den letzten Jahrzehnten größer
werdende Zerfallserscheinungen auf. Eisreste reichen bis ca. 2100m.
Quellnachweise:
Übersicht – Institut für Geographie und Raumforschung (uni-graz.at)
2001-nic-patz-zfgg.pdf (uibk.ac.at)
Gletscher in Österreich – Gletscherarchiv
wettereck-triestingtal.at | von Franz Zeiler
Wenn es auf der Pasterze wieder Weidewirtschaft und Bäume geben wird, frage ich mich, was dann wohl im Wiener Becken geschieht? Bananenanbau? Bei meinem Nachbarn wurde die Bananenstaude schon aus dem Topf in den Gartenboden gepflanzt und hat den ersten Winter überstanden. Das wird spannend.
So augenscheinlich wie in Deinem Bericht habe ich das Gletschersterben noch nie betrachtet.
LG von Anette
Bei höheren Temperaturen steigt die Verdunstung und Trockenperioden dauern länger. Da durch die Erderwärmung, die über der Arktis deutlich stärker ist, der Temperaturgradient zwischen polaren Gebieten und den mittleren Breiten abnimmt, gibt es auch erhebliche Auswirkungen auf das Zirkulationsmuster der nördlichen Hemisphäre. Der Jetstream schwächt sich ab, meridionale Wetterlagen nehmen zu, feuchtes Westwindwetter wird seltener. Im Wiener Becken wird deshalb u.a. die Versteppung mit massiven Auswirkungen auf die Vegetation und Landwirtschaft fortschreiten.
LG, Franz
Klasse, dass Du Deinen tollen Vortrag eingestellt hast, da kann man das Ganze nochmal vertiefen. Ich habe leider auch einen Gletschertot erlebt, den auf der Zugspitze 🙁
Danke für den tollen Beitrag
LG Raimund