In der Nacht von So auf Mo querte das Sturmfeld des in die Frontalzone eingebetteten Schnellläufertiefs YULIA. In meiner Wochenprognose habe ich auf das Wetterereignis hingewiesen und auch im Oberen Triestingtal mit Sturmböen über 100km/h gerechnet. Der Sturm war zwar ruppig, aber nicht ganz so heftig wie befürchtet.
Normalerweise treten die heftigsten Sturmböen mit Eintreffen der Kaltfront ein. Diesmal waren die stärksten Sturmböen bereits im Warmsektor zu verzeichnen, also an der Vorderseite des Sturmtiefs. Bei Eintreffen der Kaltfront mit kurzzeitig starken Regen schwächte sich der Sturm wider Erwarten ab. Bei der Reanalyse des Frontdurchgangs habe ich – zumindest scheint mir das plausibel – die Erklärung gefunden. Bei der Kaltfront handelte es sich um eine Anakaltfront, d.h. in den unteren Luftschichten der Troposphäre schob sich die kalt Luft unter die Warmluft. Dabei reduzierte sich der vertikale Temperaturgradient zwischen 850hPa (eingedrungene Kaltluft) und 500hPa (noch vorhandene Warmluft) auf knapp über 10 K. Die damit verbundene Stabilisierung der Luftschichtung hemmte das „Runtermischen“ von Orkanböen.
Anders sah es am exponierten Klosterwappen des Schneebergs aus. Der auf der militärischen Anlage montierte und nicht vereiste Windmesser verzeichnete im Warmsektor Böen jenseits der 200km/h:
Quelle: LAWIS
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Sturmtief YULIA habe ich anhand des zeitlichen Ablaufs des Frontdurchgangs mittels div. Wind- und Temperaturcharts in verschiedenen Höhen (Quelle: wetteronline) beim TSN-Workshop auf der Hohen Warte am 29.02.2020 thematisiert und meine Gedanken zur Diskussion gestellt. Synoptisch ein sehr interessantes Wetterereignis, das mich stark an den Sturm KYRILL (18.01. auf 19.01.2007) erinnerte.
Nachfolgend als Beitragsergänzung der nachträglich hinzugefügte und beim TSN-WS diskutierte Foliensatz:
hallo franz, hab die 260 kmh am schneeberg auch gesehen aber das als messfehler eingeordnet, auch weil die rax viel biedrigere werte hatte (ist natürlich bei der seilbahn weniger exponiert, detto aber auf der veitsch am gipfel). hältst du das für korrekt? da müssten doch zumindest einige teile der anlage da oben fehlen.
Servus Reinhard,
Zweifel an diesen Sturmspitzen sind natürlich berechtigt. Für mich ist es aber trotzdem plausibel, dass dort oben Böen deutlich jenseits der 200km/h auftraten. Die Ausgesetztheit des östlichsten Zweitausenders der Alpen sucht seinesgleichen. Die stärksten Stürme im Jahresgang finden im Winter statt, und da ist das Anemometer am Klosterwappen wegen Vereisung meist außer Betrieb. Irgendwie einleuchtend 😉
http://www.wettereck-triestingtal.at/wp-content/uploads/2019/01/17.01.2019.sbg_.33-2.jpg
Spannend wird der Frontdurchgang kommende Nacht mit beteiligter Höhenkaltluft und damit labilerer Luftschichtung. Leider werden wir da vom Schneeberg aus bekannten Gründen wieder keine Daten bekommen 🙁
Ich werde das Thema am Sa bei der ZAMG zur Diskussion stellen (https://www.wettereck-triestingtal.at/2020/02/27/www-wettermelden-at-hauptthema-des-naechsten-tsn-workshops/).
LG, Franz
Lieber Franz,
mein Anemometer brachte es auf 120 Km/h, die Station in Seibersdorf auch und eine Station (Davis Vantage pro) in der Nachbarschaft auch. Seibersdorf liegt 7km von mir entfernt. Vom Nachbarn ist eine riesige, alte Tanne umgekippt. Von einem Mietshaus ist das komplette Dach abgefegt und der Hauptplatz konnte nicht begangen werden, wegen herabstürzender Ziegel. Die Wärme (18°) war sehr unheimlich. Heute hatten wir wieder ein solches Maximum. Aber es kam kein nennenswerter Niederschlag herunter, gerade mal 4mm, unglaublich. Im Leithagebirge herrschte höchste Waldbrandgefahr.
Danke für die sehr aufschlussreiche Analyse, bei Dir absolviere ich regelrecht noch mein Meteorologiestudium!
Gruss von Anette
Liebe Anette,
ich habe mir die Wetterdaten der Station Seibersdorf angesehen. Die stärksten Böen mit den von dir genannten 120km/h wurden um Mitternacht noch im Warmsektor gemessen. Mit dem Eintreffen der Kaltfront gingen die Stärke des Mittelwindes und der Böen stark zurück.
Ich werde diese Wetterereignis kommenden Sa auf der Hohen Warte mit Profis der ZAMG thematisieren.
LG, Franz