Die GWL-Entwicklung, die ich in meiner letzten Wetteranalyse/-prognose am vergangenen Samstag beschrieben habe, ist grundsätzlich aktuell:
Zwischen einem mächtigen Hochdruckgebiet GB/Nordsee/Südskandinavien und einem Osteuropatrog liegen wir Mo mit einer nördlichen Strömung noch im Zustrom kühler und nach Osten zu etwas feuchterer Luftmassen, die dort für einen windigen und wechselhaften Wettercharakter sorgen, während nach Süden und Westen zu die Sonne überwiegt.
Mit Ausweitung des Hochs in Richtung ME wird es ab morgen Di – abgesehen von Quellwolken vor allem im Osten – und am Mi verbreitet sonnig mit spürbarem Temperaturanstieg.
Jetzt kommt ein synoptisches Kuriosum ins Spiel, das eine weiterführende Prognose sehr schwierig macht: ein Kaltlufttropfen, der eine Umlaufbahn um das beschriebene Hochdruckgebiet vollzieht und am kommenden Do von Norden bei uns eintreffen soll.
Worum es sich um einen Kaltlufttropfen in der Sprache der Meteorologie handelt, möchte ich im Folgenden kurz allgemein und anhand der aktuellen Entwicklung erklären.
Es handelt sich dabei um ein abgeschlossenes Höhentief, dass vor allem auf der 500hPa-Fläche (ca. 5000m-5500m Höhe) vorhanden ist und bis in eine Höhe von 10000m reicht. Es weist kein korrespondierendes Bodentief auf, wodurch es an den Isobaren der Bodenwetterkarten nicht erkennbar ist. Im Gegensatz zu normalen Tiefdruckgebilden, die bis zum Boden reichen, weist es keine Fronten auf. Es ist ein eigenständiges abgeschlossenes Paket von Höhenkaltluft polaren Ursprungs, das nicht in die allgemeine Höhenströmung eingebunden ist und sein Verhalten und seine Zugbahn deshalb von den Modellen nur schwer erfassbar und berechenbar ist. Meist wird es durch die am Boden vorherrschende Strömung gesteuert, „irren“ am Rande eines Bodenhochs umher, bis sie wieder in die Höhenzirkulation eingebunden werden.
Kaltlufttropfen sind das Produkt eines Cutoff-Prozesses, bei dem sich aus einem Höhentrog ein eigenständiges Höhentief abschnürt.
Von den Wettererscheinungen kann man vereinfacht sagen, dass sich ein Kaltlufttropfen durch viele Wolken mit Schauern äußert. Im Zentrum, wo die kältesten Luftmassen vorhanden sind, herrscht hohe Labilität, was häufig zu Hebung mit hochreichenden Quellungen und Gewitterbildungen – im Sommer und Winter – führt.
Kaltlufttropfen sind kein außergewöhnliches Wetterphänomen. Ein Kuriosum ist allerdings die in den letzten Modellrechnungen der gängigen Wettermodellen (EZ,GFS,GEM) unisono simulierte Zugbahn eines gestern entstandenen Kltlufttropfens.
Dieser löste sich gestern aus der nördlichen Höhenströmung über der Nordsee und verlagerte sich entlang der Südflanke des Bodenhochs nach Westen zu den Britischen Inseln:
Bei seiner weiteren Zugbahn erreicht der Kaltlufttropfen heute Früh Nordirland. Der zugehörige Wolkenwirbel ist im Satbild der ZAMG gut zu erkennen:
Morgen soll er nach den Berechnungen seine Umrundung des Hochs über die Stationen Schottland und Südnorwegen fortsetzen:
Von Mi auf Do wird er über Dänemark bis Tschechien gesteuert:
Auf der Höhentemperaturkarte für Do Früh springt das kreisrunde Kaltluftgebilde sofort ins Auge:
In der Wolken und und Niederschlagsberechnung wird der damit verbundene unbeständige und schaueranfällige Wettercharakter bereits dargestellt:
Auf die Unsicherheiten bei der Vorhersage eines Kaltlufttropfens habe ich bereits hingewiesen. Deshalb werde ich diese Entwicklung weiterhin genau beobachten und gegebenenfalls aktualisiern.
Danach wird der Kaltlufttropfen von der auf SW zurückdrehenden Höhenströmung aufgenommen. Wie bereits in meiner letzten Analyse dargestellt, erfolgt zum Wochenende hin die Umstellung auf eine leicht zyklonal geprägte und niederschlagsanfällige SW-Lage, die die Trockenheit im Süden lindern sollte:
Ein unbeständiger und kühler Aprilausklang kündigt sich an 🙁
Auch in den Meteorammen spiegelt sich bereits die beschriebene Zugbahn des Kaltlufttropfen und sein Eintreffen am Do.
Osten/Oberes Triestingtal:
Süden/Karnische Alpen:
Westen/Hochkönig:
Folgenden Kommentar habe ich gerade von einem Profimeteorologen als mail erhalten:
„Lieber Franz,
habs kurz angeschaut, ECMWF bringt ähnlich ergebnisse,
die Frage ist (wenn man sich das Ding heute über GB anschaut) wie feucht kann es werden? wie schnell wird es
um das Hoch geführt? wie lange hält sichs überhaupt?
sehr interessante gschicht, erinnert mich ein bissl an hurricane überbleibsel im mittelmeer – die sind allerdings ein bissl
feuchter.
ich glaube (! – anhand des sat bildes/ ECMWF), das ding wird ned so schlimm weil kleinräumig, und die
kalte luft ist definitiv östlich, und die einstrahlung wird von beiden modellen unterschätzt
und es ist für dei vorhandene synoptische Hebung zuwenig Bodenfeuchte im Alpenraum vorhanden
und auch das Blattwachstum ist aufgrund der Tiefen temperaturen (fröste) etwas gebremst….“