Superzelle mit Starkregen, Hagel und Sturmböen überrollt das Obere Triestingtal

Was ich für Sa erwartet hatte, ereignete sich -fast schon unerwartet aufgrund der bewölkten ersten Tageshälfte – gestern So!
Die Zutaten für ein heftiges Gewitter mit Unwetterpotential waren für meine Gegend am Sa vorhanden (s. meinen letzte Analysebeitrag) : hoher Energiegehalt (Cape-Wert von 1000J/kg), niederschlagbares Wasser (Pwat 32mm), 0-6km Windscherung (20m/s). Dies wurde durch den mittäglichen Radiosondenaufstieg auf der Hohen Warte in Wien bestätigt. Der CIN-Wert, ein Maß für die Unterdrückung von Konvektion,  war relativ hoch, was auf eine „loaded gun“ Situation schließen ließ. D.h. für eine Gewitterauslöse benötigt es einen Trigger wie etwa eine lokale Konvergenz, einen Outflow eines nahen Gewitters, eine Warmluftblase als Deckelbrecher etc.  Unwetterwarnungen waren für den gesamten Ostalpenraum ausgegeben. Das Wann und Wo ist erfahrungsgemäß eine Aufgabe des Nowcastings.

 

Georg Pistotnik´s  Analyse der Schwergewitterlage für Sa beim Unwetterforschungsinstitut:

Quelle: Estofex

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein „gezündetes“ Gewitter die Energie aus seiner Umgebung ansaugt und deshalb die umliegenden Gebiete oft gewitterfrei bleiben. So geschah es am Sa, als ich die Rückseite des Unwetters, das große Schäden in Teilen des Burgenlandes und der Steiermark anrichtete, bei mir zu Hause in Thenneberg bei Sonnenschein beobachten konnte.

Für gestern So war meine Erwartungshaltung trotz Einschätzung der Unwetterzentrale ……………….

 

…………. gedämpft. Bis über Mittag verlief der Tag dicht bewölkt und damit ohne Sonneneinstrahlung. Der Radiosondenaufstieg der Hohen Warte wies einen sehr niedrige Energiewert aus (Cape unter 200J/kg), Wassergehalt und Windscherung waren ähnlich zum Vortag.
Im Laufe des Nachmittags lockerte die Bewölkung auf, die Sonne konnte die schwüle Luft aufheizen. Zeitgleich mit dem Aufzug hoher Bewölkung vernahm ich um ca. 17:30 den ersten fernen Donner aus dem „Wettereck“ des Oberen Triesingtales. 
Nach kurzem Zögern verdrängteich meine oben erwähnte Einschätzung und fuhr mit dem Mountainbike, nur ausgestattet mit Smartphone, in Richtung Hocheck auf die Forstraße oberhalb des Bergbauernhofes Zuber, von wo ich eine gute Aussicht in Richtung W hatte und im Falle von einsetzendem Regen in wenigen Minuten wieder zu Hause bin.

Die Wolkenstruktur über dem Hocheck sah recht „chaotisch“ aus:

 

Vom höheren Ausssichtspunkt oberhalb des Bauerhofes konnte ich in der Ferne eine „Shelfcloud“-artige Wolke ausnehmen, eine typische Begleiterscheinung einer Superzelle:

 

gezoomt:

 

Da vom Reisberg auf der gegenüberliegenden Talseite die Aussicht freier ist und die Zelle sich nur langsam näherte, wechselte ich die Talseite …………….

 

………………. und steuerte diesen Aussichtspunkt an. Die Superzelle sah recht bedrohlich aus. Nach ein paar Foto´s bei einsetzendem leichten Regen, fernen Blitzen mit Donner …………..

 

…………… trat ich schleunigst den Rückzug an ……………

 

……………………. und erreichte noch vor einsetzendem Starkregen, durchsetzt mit kleineren Hagelschloten und begleitet von Sturmböen um 18:15 mein zu Hause.

 

 

Inca-Analyse der Geosphere mit dem NS-Feld (mein Standort ist in der ersten Karte gekennzeichnet):

           

Quelle: Geosphere

 

Schäden gibt es nach meiner Recherche im Oberen Triestingtal nicht. Lediglich der Garten bedarf einer Restaurierung, sobald der momentane Regen zu Ende ist.
Vom unteren Triestingtal und Baden wurden Überflutungen und umgestürzte Bäume gemeldet.

Mit der heutigen Kaltfront sollte ein Luftmassenwechsel einhergehen und die Unwettergefahr zumindest für einige Tage gebannt sein. 
Zum Wochenende könnte sich der Westeuropatrog renenerieren und in weiterer Folge an seiner Vorderseite neuerlich energiegeladene Subtropenluft in den Alpenraum steuern. Die nächste Unwetterlage wäre „geboren“.

Die nachfolgende simulierte Geopotential-/Druckstruktur des aktuellen GFS-Hauptlaufes zeigt diese Möglichkeit, lässt aber aufgrund der zeitlichen Ferne noch keine belastbare Prognose zu:

4 Gedanken zu „Superzelle mit Starkregen, Hagel und Sturmböen überrollt das Obere Triestingtal“

  1. Bei mir nähe Seibersdorf kamen 33mm runter und in Seibersdorf selbst ganze 50mm … hier im Ort sind stellenweise Gehsteige nicht begehbar, man bräuchte Gummistiefel. Die Blitze verliefen vertikal über den Wolken und wollten gar nicht mehr aufhören, kleine Hagelkörner mischen sich dann auch mal kurz unter dem Wolkenbruch.
    LG von Anette

    1. An meiner Messstation in Thenneberg waren es „nur“ 28mm. allerdings in kurzer Zeit (ca. 10min). Ich vermute aber, dass während des Sturzregens Wasser aus dem Regentopf gespritzt ist und nicht erfasst wurde. Außerdem gab es bei der Passage der Superzelle Sturmböen, in denen der Regen horizontal daherkam! Wahrscheinlich war die gefallene Regenmenge höher.
      Das Wasser war schnell in die Triesting abgeflossen, zurück blieben verschmutzte Nebenstraßen und Furchen in Forststraßen.
      Inkl. des gestrigen konvektiv durchsetzten Regens vor Eintreffen der Kaltfront am Nachmittag fielen an meiner Messstation 53mm „erfasster“ Regen in ca. 20 Stunden.

  2. Hallo Franz,
    ich sage hier mal als reiner Mitleser, der durch dich schon einges an Wissen erlangt hat: Danke für deine Analysen. Ich kann zu gestern Sonntag, 19:00 nur mitteilen, auf der A2 ab Wöllersdorf bis IZ NÖ-Süd ist fast nichts mehr gegangen, Wassermassen von oben ohne Ende, Wasserstand auf der Fahrbahn stellenweise ca.20cm, am Fahrbahnrand Hagelkörner und Richtung Osten Blitze im Sekundentakt….
    Nochmals Danke für Deine Einschätzungen und Analysen.
    lg

    1. Hallo Bernd!
      Hab ich am Samstag nachmittag bereits erlebt und war froh, als ich in Leobersdorf abfahren konnte. Schrittempo, kaum Sicht und unter den Brücken parkende Autos, deren Fahrer:innen vor dem Hagel Schutz suchten. Selbst für eher furchtlose Autofahrer eine unangenehme Situation. LG, Peter

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