Der Jänner 2020 weist bis jetzt einen ähnlich hohen Temperaturüberschuss wie der Dezember 2019 auf. Betrachtet man das prognostizierte Druck- und Zirkulationsmuster für Mitteleuropa bis Ende des Monats (EZ, GFS, etc), so wird sich bis Ende Jänner daran wenig ändern, auch wenn es in geschützten Lagen in den nächsten Tagen inversionsbedingt winterlich kalt bleibt. Dies wird durch die milden Temperaturen in der Höhe mehr als kompensiert. Und wenn ein Kaltfrontausläufer in der Höhe Abkühlung bringt, so bewirkt dieser gleichzeitig in der Grundschicht eine Durchmischung mit Ausräumen der Kaltluftseen und Temperaturanstieg (maskierte Kaltfront).
Derzeit ist der Temperaturüberschuß im Jänner im österreichischen Flächenmittel lt. Klimamonitoring der ZAMG 2,5 K:
An der Einfärbung sind die „warmen“ Berglagen und die inversionsbedingt kühlen Gebiete – OÖ Zentalraum, Weinviertel, Wr. Becken, Burgenland, SO-Stmk – gut zu erkennen.
In der nachfolgenden Grafik der letzten Ensemblerechnungen von GFS für den Gitterpunkt „Oberes Triestingtal“ mit den prognostizierten Temperaturen in 850 hPa, 500 hPa und dem NS wird ersichtlich, dass bis in die erste Feberdekade kein nachhaltiger Kaltlufteinbruch in Aussicht gestellt wird. Es bleibt bei einem zonal geprägten zu milden Witterungasablauf. Bis Fr dominiert der inversionsanfällige Hochdruckeinfluss. Ab dem Wochenende setzt sich die weiterhin zu milde Witterung fort mit einem Wechsel von sehr milden Luftmassen aus SW und kühleren Rückseitenlagen aus NW. Eine schwache Kaltfront quert dabei am Sa. Ab den letzten Jännertagen wird der zyklonale Einfluss stärker, was ich aus den intensiveren NS-Signalen ableite. Das Auf und Ab bei der Temperatur auf relativ hohem Niveau dürfte sich fortsetzen. Die Ensemblerechnungen zeigen, abgesehen von Phasenverschiebungen, große Übereinstimmung:
Synoptischer Überblick mit Entwicklungstendenz in der Stratosphäre:
Exemplarisch die Geopotential-/Druckstruktur im troposphärischen PW zu Beginn kommender Woche:
Daran wird sich in den Folgetagen nichts wesentliches ändern. Tendenziell verlagert sich das tiefe Geopotential von Grönland/Island nach O in Richtung Nordskandinavien. Da auch die Berechnungen des derzeit positiven NAOI (nordatlantischer Oszillationsindex) in den neutralen Bereich sinken, könnte dies ein Indiz für kühlere und feuchtere NW-Lagen sein (GWL NWz). Dies ist jetzt keine Prognose, sondern eine für mich plausible Entwicklungsoption unter mehreren Spekulationsmöglichkeiten.
Nahrung bekommt diese „Spekulation“ durch die simulierte Veränderung im stratosphärischen PW.
Nachfolgend die aktuelle Temperatur im PW in 10 hPa …………
………… und zu Beginn des Monats Februar:
Das seit Wochen kalte und zentrierte Bild des stratosphärischen PW bekommt es mit einem Warmlufteinschub aus den oberen stratosphärischen Luftschichten über Ostasien zu tun, die sich gegen den Uhrzeigesinn in Richtung Nordkanada ausbreitet.
Der Kern des PW liegt Anfang Februar noch recht zentriert über dem Franz Josefsland und ist begrenzt von einem Band zonaler Starkwinde, die über EU aus westl. Richtung kommen:
Ein paar Tage später liegt die Warmluftblase über Kanada, der PW hat eine eliptische Form mit geänderter Achsausrichtung angenommen. Über EU dreht die Strömung in dieser Höhe auf NW:
An der prognostizierten Temperatur in 10 hPa ist sowohl eine Schwächung und Verkleinerung des PW, als auch das Displacement nach Eurasien ersichtlich:
Sollten diese Berechnungen so eintreffen und eine Kopplung mit der Stratosphäre erfolgen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit für eine schneereichere und kühlere Wetterphase im Laufe der ersten Februardekade.
Mehr habe ich allen, die auf einen winterlichen Witterungsabschnitt mit Schnee bis in die Niederungen warten, derzeit nicht anzubieten 😉
Dass diese Entwicklungsmöglichkeit auf schwachen Beinen steht, zeigt die prognostizierte Temperaturabweichung für Februar vom CFSv2-Langfristmodell von NOAA:
Sollte dieses extreme Mildszenario eintreffen, dann wird der Februar einen ähnlichen Temperaturüberschuss wie die ersten beiden Wintermonate aufweisen und der Gesamtwinter 2019/2020 wird in der Ewigenliste der „warmen Winter“ um einen Stockerlplatzt rittern.
Ich möchte dazu aber anmerken, dass diese Prognose die oben beschriebenen allfälligen Änderungen in der Stratosphäre mit den möglichen Auswirkungen auf die Troposphäre – unsere Wetterküche – mit hoher Wahrscheinlich noch nicht berücksichtigt hat.
Generell haben die deterministischen Wettermodelle mit der Erfassung von Veränderungen in der Stratosphäre und dem Downwelling in die Troposphäre ihre Schwierigkeiten reagieren oft erst sehr spät.
hätte eine absolute Laienfrage: In der Nacht 20-21.1 war sensationell hoher Luftdruck, fast 1050 mbar. Wodurch entstand das und welche Auswirkungen aufs Wetter hat das?
(starke Winde hab ich nicht bemerkt, wahrscheinlich war der Gradient nicht stark)
Danke,
Christoph
Ein derart hoher LD kommt selten vor, wird aber immer wieder beobachtet (siehe auch Kommentar im Vorgängerbeitrag).
Das atlantische Hochdruckgebiet, das sich über die Alpen ausdehnte, war an und für sich schon außerordentlich stark ausgeprägt. Der extrem hohe LD bei uns könnte vielleicht der Inversionlage geschuldet sein? Oder die Luft, die von den angrenzenden Tiefdrucksystemen im N und S ins Hoch floss, konnte am Boden nicht rasch genug abfließen. Kann mir schon vorstellen, dass dadurch kurz ein Überdruck entsteht.
Die Auswirkungen auf die Wettererscheinungen sind u.U. Starkwinde im Gradientenfeld zu benachbarten Tiefdruckgebieten. Nach N hin war die Isobarendrängung deutlich erkennbar.
Gruß, Franz