Der Ostalpenraum bleibt recht unbeeinflusst von den Wetterentwicklungen, die in der weiteren Umgebung stattfinden. D.h. Hochdruckeinfluss gepaart mit sehr milden Luftmassen aus südlichen Breiten oberhalb der Grundschicht, Neigung zu Nebel und Hochnebel in den Alpentälern und im Flachland und kein messbarer Niederschlag werden den Wettercharakter in der kommenden Woche und tendenziell auch über das kommende Wochenende hinaus bestimmen.
Größte Aufmerksamkeit in den nächsten Tagen verdient die Entwicklung über Spanien und dem westl. Mittelmeerraum, wo ein Cutoff gefüllt mit Höhenkaltluft über dem warmen Mittelmeer unwetterartigen NS verursachen wird (s.u.).
Synoptischer Überblick:
Die aktuelle Geopotential-/Druckstruktur mit Atlantikrücken, Trog WE und Kontinentalhoch führt zu einem meridionales Zirkulationsmuster und WLA (Warmluftadvektion) über den Ostalpen. Da sich der Gradient (LD-Unterschied zwischen Trog im W und Hoch im O) verschärft hat, intensivierten sich seit gestern die dafür typischen Wettererscheinungen und werden auch heute So und morgen Mo unser Wetter bestimmen:
Südstau, Föhn im Gebirge und an der Alpennordseite, Nebel in den Niederungen des O und im Donauraum:
Bis Di entsteht zwischen einem Azorenkeil und den sich verstärkenden Hoch über OE/ME eine flache Hochdruckbrücke, wodurch der WE-Trog über der Iberischen Halbinsel abgeschnürt wird. Als autarkes Höhentief gefüllt mit Höhenkaltluft dient das warmen Mittelmeer als Energie- und Feuchtigkeitsquelle, was vor allem in den östlichen Teilen Spaniens und im westl. Mittelmeerraum unwetterartige Entwicklungen (konvektiver Starkregen) befürchten lässt.
Im Ostalpentaum dagegen nimmt der Hochdruckeinfluss wieder zu. Es stellen sich verbreitet gradientenschwache Bedingungen mit Sonne und einigen Schleierwolken auf den Bergen und häufig Nebel in den Niederungen, der sich im Tagesverlauf oft auflöst, ein:
Auch in den Folgetagen bis inkl. dem kommenden Wochenende (exemplarisch nachfolgend die Geopotential-Druckstruktur für kommenden Do und Sa vom aktuellen GFS-Modelllauf) bleibt es in den Ostalpen bei der herbstlichen Hochdrucklage.
Das Cutoff über dem westl. Mittelmeerraum schwächt sich nur langsam ab und verlagert sich dabei bis zum kommenden Wochenende ins Tyrrhenische Meer:
Mit der berechneten Austrogung über dem Nordatlantik bis in den Bereich der Kanarischen Inseln ist in ME und damit im Alpenraum eine Fortdauer der milden SW-Strömung mit dem typischen herbstlichen Wettererscheinungen (Sonne oben, Nebel unten) bei weiterhin antizyklonal geprägten und gradientenschwachen Verhältnissen sehr wahrscheinlich.
Aktualisierung folgt!
Hallo Franz,
Durch Folgen deiner Analysen (und sehr animierenden Ausflugsberichte) vebessert sich mein Verständnis für die Wetterentwicklung sukkzssive 😉 Dass mir das Grundlagenwissen fehlt, merke ich an konkreten Fragenstellungen, wie etwa bei Herbstwetter, wenn es gilt zu beurteilen, wie man dem Nebel entkommt. Bei mir geht es nur m die Frage, ob man etwas Sonne abkriegt, für meinen Sohn ist es entscheidend, ob es sich lohnt, am Segelflugplatz zu fahren (Tulln). Wovon hängt es ab, ab sich der Nebel auflöst, und lässt sich das, zB in der Früh für den selben Tag regional voraussagen?
Danke und lieben Gruß
Bernhard
Servus Bernhard,
die Grundschichtsynoptik ist nach meiner Erfahrung ähnlich kompliziert wie die Gewittersynoptik. Meine Kompetenz ist da „endenwollend“.
Physikalisch gesehen erfolgt Nebelauflösung durch Verdunstung der Nebeltröpfchen. Dies kann geschehen durch Erwärmung der Lufttemperatur über die Taupunkttemperatur mit der Sonneneinstrahlung bei gradientenschwachen Hochdrucklagen. Dies dauert oft sehr lange, da die Solarstrahlung aufgrund der hohen Albedo des Nebels an der Nebelobergrenze zu einem großen Teil reflektiert wird. Je später im Herbst, desto langlebiger sind Nebellagen, da die Sonneneinstrahlung abnimmt und mit zunehmender negativer Strahlungsbilanz die langlebigen Kaltluftseen nicht mehr wegheizen kann. Dann benötigt es andere Prozesse zur Nebelauflösung wie die Advektion von trockeneren ungesättigten Luftmassen (z.B. Fronten mit Wolken und Wind).
Wind ist in der Regel nicht nebelfördernd, da er auch bei antizyklonalen Lagen häufig für Durchmischung der Nebelschicht mit trockenerer Luft aus höheren Schichten sorgt und derart für Auflösung des Nebels sorgt.
Erschwert wird die Vorhersage der Nebelauflösung allerdings durch große regionale Unterschiede, die durch die unterschiedliche Topographie entstehen. In Alpentälern mit steilen Berghängen bildet sich Nebel im Herbst rascher, löst sich aber meist auch wieder rascher als im Flachland auf. Das ist zumindet meine Erfahrung aus Beobachtungen beim Bergsteigen. Berghänge mit günstigem Neigungswinkel zur Sonne heizen sich rascher auf, an ihnen steigt die erwärmte Luft auf und zwingt die kalte Nebelluft aus dem Tal nachzuströmen, was zu einem Luftkreislauf und Nebelauflösung führt. Im Flachland, wo keine Berge aus dem Nebel ragen, ist dies nicht möglich.
Ich habe beobacht, dass sich bei Föhnlagen trotz lebhaften SO-Wind der Nebel im Wr.Becken, den Tälern im Wienerwald (auch Triestingtal), dem Donauraum und dem Wein- und Waldviertel nicht auflöst. Bei solchen Lagen ist der SO-Wind sogar mitverantworlich für die Beständigkeit des Nebels. Er sorgt für Nachschub von feuchter kühler Nebelluft aus der ungarischen Tiefebene, während oberhalb der Inversion trockener föhniger S-Wind für ungewöhnlich hohe Temperaturen sorgt. Dass es zu keiner Nebelauflösung kommt, liegt daran, dass die Nebelluft unterhalb der Inversion entkoppelt bleibt von der Luftschicht darüber. Diese wirkt als Deckel und es kommt zu keiner Durchmischung.
Ein klares Rezept für Nebelauflösung bei einer Wetterlage gibt es nicht, sonst würde dies auch in den Wetterberichten der Meteodienstleister exakter seinen Niederschlag finden.
Langjährige Beobachtung im Zusammenhang mit einer herrschenden Wetterlage ist meines Erachtens der Schlüssel für eine hohe Treffsicherheit bei der Nebelauflösung. Unerwartete Überraschungen gibt es aber auch dann 😉
Fürs Tullnerfeld könnte eventuell der Radiosondenaufstieg der ZAMG von 00:00 UTC oder bei stabielen Wetterlagen auch von 12:00 des Vortages eine Hilfe zur Einschätzung sein. Wind, Temperatur Taupunkt/Feuchtigkeit in den unteren Luftschichten und mögliche Inversionen lassen sich daraus ableiten und Rückschlüsse auf die Langlebigkeit des Nebels in der Grundschicht zu.
LG, Franz
Hallo Franz,
Na, da hab‘ ich jetzt einiges zum Durhdenken 😉 (oder meine Sohn ;-), beim Überfliegen konnte ich schon einiges mitnehmen, das werde ich mir jedenfalls noch genauer anschauen. Erstmal danke für deine ausführliche Antwort und weiter schöne Touren (und -berichte ;-).
Dank und Gruß
Bernhard