In den letzten Jahren habe ich Anfang November meine erste ernstgemeinte Einschätzung zum folgenden Winterwetter abgegeben. Auch heuer beschäftigte ich mich in den letzten Wochen mit den möglichen Einflussfaktoren auf den ME-Winter, um zumindest eine subjektive Erwartungshaltung zum bevorstehenden Winter zu bekommen.
Dazu zählen Telekonnektionen (QBO, ElNino….), die Sonnenaktivität, die Entwicklung der sibirischen Schneedecke, das momentane Zirkulationsmuster inkl. Vorgeschichte, Temperaturverteilung der NH (Nördliche Hemisphäre), die Entwicklung des PW (Polarwirbel), die arktische Meereisausdehnung, die Meerestemperaturen am Nordatlantik etc.
All diese Parameter stehen in einem Zusammenhang mit dem über dem Atlantik und dem europäischen Kontinent zu erwartenden Zirkulationsmuster im Folgewinter.
Auch die Statistik habe ich bemüht. Für ein derart mildes Sommerhalbjahr, gefolgt von einem ebenso milden Herbst gibt es keine repräsentativen Vergleichsjahre. Alles andere als ein insgesamt zu milder Winter, bezogen auf das Klimamittel 1981-2010, wäre für mich als Winterfreund eine positive Überraschung.
Die Langfristprognosen der Meteodienstleister (NOAA, NASA, EZ, ZAMG, DWD) sind in meine Recherchen eingeflossen und am Ende des Beitrags zitiert.
Meine persönliches zusammenfassende Einschätzung lässt derzeit nur einen Schluss zu: der Winter 2018/2019 wird deutlich zu mild. W- bis SW-Wetterlagen werden vorherrschen, winterliche Wetterphasen wird es geben, aber sie werden nur von kurzer Dauer sein. Niederschläge werden anfangs unterdurchschnittlich ausfallen und im Verlauf des Winters deutlich zunehmen; d.h. im Bergland wird es auch reichlich Schnee geben.
Ich werde in diesem Beitrag auf die Analyse aller oben aufgezählten Einflussgrößen nicht näher eingehen, sondern beschränke mich auf jene Parameter, die meiner Meinung nach die stärksten Auswirkungen auf das winterliche Zirkulationsmuster in ME und damit auf das Winterwetter im Alpenraum haben.
Die Erhaltungsneigung von Großwetterlagen mit eingeschwungenem Zirkulationsmuster spielt in Zeiten des Klimawandels eine immer größere Rolle. War es im Sommerhalbjahr das sich immer wieder regenerierende Skandinavienhoch, so ist es seit Oktober ein Kontinentalhoch im Bereich Baltikum-OE, das die atlantische Frontalzone vor der europäischen Atlantikküste blockiert und spaltet. Ein Teil wird nach N abgelenkt, der zweite Ast bewirkt eine Austrogung nach S vor dem europäischem Festland und damit Vorderseitenlagen mit Advektion subtropischer Luftmassen in den Alpenraum.
Exemplarisch die aktuelle Geopotential-/Druckstruktur:
Mildes, föhniges und trockenes Wetter im Nordalpenraum und unbeständige, von Unwettern begleitete Witterung im westlichen Mittelmeerraum und den Südalpen sind die Begleiterscheinungen.
An diesem Muster wird sich mit kurzen Unterbrechungen in der zweiten Novemberdekade nichts Wesentliches ändern. Mich würde es nicht wundern, wenn es auch bis zum metereologischen Winterbeginn erhalten bleibt.
Der November könnte in die Messstatistik als rekordwarmer Monat eingehen.
Ausschlaggebend für meine subjektive Einschätzung des kommenden Wintertrends (Dezember, Jänner, Februar) sind in erster Linie der aktuelle Temperaturüberschuss auf der NH, die herbstliche Schneedeckenentwicklung in Sibirien, die Ausdehnung der Eisdecke im arktischen Meer und die Oberflächentemperaturen des Nordatlantik.
Nachfolgend die Analyse dieser Parameter:
Aktuelle Temperaturanomalie (global):
Quelle: KH
Unterdurchschnittlich entwickelte sich die eurasische Schneedecke im Oktober:
Quelle: NOAA
Dies wirkte sich negativ auf dem Aufbau eines starken sibirischen Kältehochs und den Energietransport in die Stratosphäre aus. Der stratosphärische PW konnte sich ungestört entwickeln. Ein starker stratosphärischer PW kann in den Wintermonaten den troposphärischen PW stärken. Ein ausgeprägter troposphärischer PW ist typisch für Westwetterlagen und im Alpenraum milde Temperaturen, aber häufige Niederschlägen durch atlantische Fronten.
Berechneter PW in der Unteren und mittleren Stratosphäre für Mitte November:
Quelle: FU Berlin
Die arktische Meereisausdehnung ist unterdurchschnittlich und zeigt nun eine ansteigende Tendenz:
Quelle: Meereisportal
Die Meereisausdehnung weist im Oktober auf der europäischen Seite (Barrentssee, Karasee) ein Allzeitminimum auf. Dies spricht zumindest für einen milden Start des Winters über Nordeuropa. Dabei besteht aber die Chance, dass sich über der Barentssee hoher LD etabliert, wodurch sibirische Luftmassen nach W in Gang gesetzt würden. Dies wird, wenn überhaupt, meines Erachtens erst im späteren Winterverlauf ein Thema. Vollständigkeitshalber sei diese Möglichkeit für einen längeren, aber derzeit rein spekulativen, kalten Winterabschnitt über ME erwähnt.
Die starke Meereiszunahme in der Arktis erfolgt aktuell vor allem im Bereich des nordkanadischen Inselgebietes. Dies ist für winterliche Verhältnisse über dem östlichen Nordamerika förderlich, während die damit einhergehenden Kaltluftvorstöße auf den NW-Atlantik meist mildes Westwetter bis ME verursachen.
Auch die großflächige negative Abweichung der SST´s des Nordatlantiks südlich von Island und vor der Iberischen Halbinsel lassen auf eine positive NAO (nordatlantische Oszillation) in den folgenden Monaten schließen. Wetterlagen mit einer westlichen bis SW-licher Grundströmung sind damit wahrscheinlich:
Quelle: NOAA
Die derzeitigen Langfristprognosen der Meteodienstleister fallen recht unterschiedlich aus.
NOAA, basierend auf den Berechnungen von GFS, ist der klare Ausreißer nach oben mit einer gemittelten Temperaturabweichung von 2 K:
Dies wäre ein Mildwinter!
Auch das NASA-Langfristmodell prognostiziert einen Temperaturüberschuss von über 1 K gemittelt über die Wintermonate:
DWD ist mit einem Plus von ca. 0,5 K nur leicht zu mild:
Die Langfristprognose von EZ und die auf diese Daten basierende Saisonprognose der ZAMG gehen dagegen von einem durchschnittlichen Winter – bezogen auf das Klimamittel von 1981 bis 2010 – aus.
Exemplarisch die Saisonprognose der ZAMG für das Temperaturniveau der kommenden 3 Monate (noch ohne Februar):
Da in dieser Prognose auch der November, der mit Sicherheit deutlich zu warm ausfallen wird, enthalten ist, müssten Dezember und Jänner knackige winterliche Abschnitte aufweisen 🙂
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Wenn ich bis zum meteorologischen Winterbeginn die Interaktion/Kopplung des troposhärischen PW mit dem startosphärischen PW besser einschätzen kann, erfolgt eine Aktualisierung meiner Ausführungen.
Liegen schon neuere Erkenntnisse vor? Die Einschätzung des ZAMG scheinen ja schon beim November komplett daneben zu liegen.
Vielleicht hast Du ja mal unrecht… 😉
Würde ich mir diesmal auch wünschen 😉
Vielleicht hat ja auch die ZAMG, deren Saisonprognosen auf EZ-Daten basieren, recht. Dann wird es von den Temperaturen ein Durchschnittswinter, allerdings sehr hochdrucklastig; d.h. es ist mit häufigen Inversionlagen, wenig NS und damit geringen Schneemengen zu rechnen.
Erst im letzten Drittel (=Februar) wird es bei EZ zyklonaler und damit niederschlagsanfälliger.