Weil die derzeitige Wetterentwicklung und die möglichen Folgen derart außergewöhnlich für den meteorologischen Winterausklang sind, möchte ich auf die Ursachen für dieses Szenario ohne Detailprognose kurz eingehen.
Die Troposphäre bildet das „Erdgeschoß“ der Atmosphäre, in dem sich unser Wetter abspielt. Forschungen zeigen, dass es auch eine Kopplung mit dem nächst höheren Stockwerk, der Stratosphäre, gibt. Diese vertikale Interaktion zwischen Troposphäre und Startosphäre führt vor allem im Winter in manchen Jahren zu massiven und plötzlichen Veränderungern des „eingeschwungenen“ Wetterablaufes und wird von den Wettermodellen erst relativ zeitnah erfasst.
Wieweit Langfristmodelle (z.B. NOAA, EZ, ZAMG, DWD…..) solche Prozesse in ihren Algorthmen berücksichten, entzieht sich meiner Kenntniss. Wenn ich mir die Langfristprognosen für Februar und März 2018 mit Berechnungsdatum Anfang Dezember 2017 in Erinnerung rufe, dann liegen sie jedenfalls deutlich daneben. Die vorhergesagten Temperaturabweichungen wiesen eine deutliche positive Abweichung auf. Die Realität sieht allerdings anders aus.
Die Ursache liegt meiner Meinung nach in einer plötzlichen stratosphärischen Polarwirbelstörung (PW) in 10hPa durch Wärmeeintrag aus höheren Schichten mit einer außergewöhnlich raschen Umkehr des Zonalwindes von W auf O. Gleichzeitig hat ist die Temperatur im Bereich des Pols deutlich über jene auf dem 60-igsten Breitengrad angestiegen.
Zitat DWD:
Beim Blick auf die für die Analyse des Polarwirbels unter anderem interessante 10 hPa Geopotentialfläche zeigt sich bei der zonal zwischen 65 und 90 Grad Nordgemittelten Temperatur eine positive Abweichung von mehr als 22 Kelvin, was einem Rekordwert für die Zeitreihe von 1979 bis 2017 entspricht.
Die Temperaturverteilung im stratosphärischen PW auf der 10hPa-Fläche (ca. 32km Höhe) zeigt aktuell dort, wo normal ein riesiger dunkler „blauer Fleck“, der Kälte und tiefes Geopotential kennzeichnet, hellgehaltene Töne mit den erhöhten Temperaturen und Geopotential; umrahmt von hellen Blautönern (kältere Luft) über den mittleren Breiten:
Dieses Phänomen, das meist in den Monaten Jänner oder Februar auftritt, wird auch Major Warming oder Berliner Phänomen bezeichnet. In meiner letzten Beiträge habe ich auf diese bevorstehende Entwicklung mit den schwer vorhersagbaren Auswirkungen auf unser Wetter immer wieder hingewiesen. Mittlerweile dürfte der Prozess soweit fortgeschritten sein, dass er auch von den Wettermodellen einigermaßen konsistent erfasst wird.
Die Störung des PW und der NH-Zirkulation hat sich bereits in die Troposphäre vorgearbeitet. Ein Hoch über dem polaren Bereich, dass in schwacher Verbindung mit den Hochdruckgebieten über den Azoren und Alaska steht, bewirkt aktuell eine Dipolstrucktur des PW. Im resultierenden Zirkulationsmuster werden warme Luftmassen aus den subtropischen Breiten des Atlantiks ins nördliche Polarmeer gelenkt und als Gegenströmung wird arktische Kontinentalluft in Richtung ME in Bewegung gesetzt:
Nach den Simulationen des amerikanischen GFS bleibt troposphärische Zirkulation zumindest bis weit in den Mittelfristzeitraum gestört und sorgt für den Alpenraum nach dem kommenden Wochenende sogar noch für eine Verschärfung des Winterwetters mit strengen Frösten.
Der Grund liegt in der zunehmenden positiven Geopoterntialabweichung im N. Das Hoch über dem Nordmeer verstärkt sich und dehnt sich zonal nach Grönland und W-Russland aus. An seiner Nordflanke kommt es strömungsbedingt zu Verlagerung von arktischen Kaltluftmassen und tiefem Geopotential auf die sibirische Seite des Pols. An seiner Südflanke bleibt der in Gang gekommende Kaltluftstrom vom Kontinent nach ME und WE bestehen. Dabei erreichen nach den aktuellen Berechnungen arktische Luftmassen mit bis zu -20° C in ca. 1500m den Alpenraum.
Geopotential- und Druckstruktur zum Beginn der kommenden Woche:
Berechnete Temperaturen auf der 850hPa-Fläche (knapp 1500m) zu Beginn kommender Woche:
Auch das europäische IFS-Modell von EZ lässt und zu Beginn kommender Woche ordentlich frieren 😉
Wie immer bei einem Ausblick in den erweiterte Mittelfristzeitraum nehmen mit zunehmender zeitlichen Distanz die Unsicherheiten zu.
Die oben skizierte winterliche großräumige Entwicklung ist meiner Meinung nach gut abgesichert.
Spannend, gerade für den Alpenraum, wird die Grenze zwischen der advehierten kalten Kontinentalluft und der milden Mittelmeerluft. Nach den aktuellen Berechnungen flutet die Kontinentalluft den gesamten Alpenraum, was dann zwar Kälte aber auch eher trockene Witterung bedeuten würde.
Es ist aber auch nicht auszuschließen, das der Kaltluftstrom vom Kontinent nördlich der Alpen nach W fließt und der Alpenraum in den Mischbereich von trockenkalter und feuchtmilder Luftmassen (Grenzwetterlage) mit Schneefällenzu liegen kommt.
Auf alle Fälle erwarte ich heuer einen zähen unterkühlten Start ins Frühjahr.