Heute, am 1. Juni, ist meteorologischer Sommerbeginn.
Auch heuer wage ich mich über eine Einschätzung des zu erwartenden Sommerwetters.
Wie schon an anderer Stelle erwähnt, handelt es sich bei Langfrist- bzw. Saisonprognosen um keine punktgenauen Vorhersagen, sondern um eine Trendaussage zur voraussichtlichen Abweichung von Temperatur und Niederschlag vom klimatologischen Mittel.
Ich werde dabei auch auf die voraussichtlich wetterbestimmenden Großwetterlagen eingehen und sie anhand von Einflussgrößen begründen .
Die betrachteten Einflussgrößen sind die Sonnenaktivität, Treibhausgase, ENSO (ElNino-Southern Oscillation) und Kaltwasseranomalie am Atlantik.
Andere Paramater wie die Fernwirkung der QBO (Quasi-bienniale Oszillation) oder den starken Eisrückgang in der Arktis lasse ich für den Sommer außer Betracht. Ihr Einfluss auf das Wettergeschen in EU ist vor allem im Winter von großer Bedeutung und wird zur Winterprognose wieder herangezogen.
Sonnenfleckenzyklus
Die Sonne ist unser Energielieferant. Je höher die Sonnenaktivität oder die Anzahl der Sonnenflecken, desto mehr Energie erreicht die Erdatmosphäre. Die Kurve im nachfolgenden Bild zeigt, dass derzeit die Sonnenfleckenanzahl im Abnehmen ist. Der Energieeintrag in die Erdatmosphäre ist verringert und wirkt damit dem globalen Temperaturanstieg entgegen. Die Abnahme wird sich nach Vorausberechnungen auch noch in den nächsten Jahren fortsetzen:
Quelle: NASA
Treibhausgase
Der anthropogene Ausstoß von Treibhausgasen geht ungebremst weiter. Exemplarisch der Anstieg der Kurve mit den Messungen am Mauna Loa auf Hawaii:
Quelle: NOAA
Synchron dazu die Zunahme der globalen Oberflächentemperatur von Land und Ozean:
Quelle: wiki
Wie die Sonnenaktivität wirken auch die Treibhausgase auf das globale Temperaturmittel. Nach Einschätzung vieler Experten kann der globale Temperaturanstieg des durch den Menschen verursachten Treibhauseffekts durch die momentan verringerte Sonnenaktivität nicht neutralisiert werden.
ENSO (ElNino Southern Oscillation)
ENSO bezeichnet ein gekoppeltes Zirkulationssystem von Ozean und Atmosphäre im Bereich des tropischen Pazifiks. El Nino (EN) steht dabei für die ozeanischen Zusammenhänge, während Southern Oscillation (SO) sich auf die atmosphärischen Zusammenhänge bezieht.
Als El Nino bezeichnet man eine Klimaanomalie, die alle 2 bis 7 Jahre im äuquatorialen Pazifik zwischen der Westküste Südamerikas und Indonesion auftritt. Dabei kommt es im zetralen Pazifik und vor der südmerikanischen Küste zu einer außergewöhnlich starken Erwärmung des Oberflächenwassers.
Im letzten Winter gab es einen Super-ElNino, mit einer besonders starken Ausprägung.
Dieses Phänomen mit seinen weltweiten Auswirkungen habe ich in einem eigenen Beitrag (link) ausführlich behandelt.
Die nachfolgenden Animationen zeigen die Temperaturentwicklung (Animation 1 und 2) bzw. die Temperaturabweichung (Animation 3 und 4) vom klimatologischen Temperaturmittel des Oberflächenwassers seit dem vergangenen Winter:
Veränderung der absoluten Temperatur Dez-Feb:
März-Mai:
Temperaturabweichung vom Mittel Dez-Feb:
März-Mai:
Quelle: NOAA
Es ist deutlich zu erkennen, dass die Temperatur des Oberflächenwassers im tropischen Pazifik in den letzten Monaten rückläufig ist und am Ende (Mai) entlang des Äquators bereits eine negative Abweichung aufweist. Ein erstes Zeichen dafür, dass in den kommenden Monaten ein LaNina Phänomen bevorsteht.
Auch die nächsten Karte unter dem Punkt „Atlantik“ mit den aktuellen Abweichungen der Meerwassertemperaturen vom Mittel zeigt das beginnende LaNina Phänomen bereits deutlich.
Die mögliche Fernwirkung auf unser Wetter:
Die ansteigenden Wassertemperaturen lassen Luftmassen über dem tropischen Ostpazifik großräumig aufsteigen. In höheren Schichten der Troposphäre wird die Luft nach außen weggeführt. Dadurch kommt in der Karibik und auf dem tropischen Atlantik ein recht starker westlicher Höhenwind zustande.
Hurrikans, die im Bereich der Kapverdischen Inseln ihren Ursprung haben und nach Westen ziehen, werden durch die Windscherung in ihrer Entwicklung gestört und können sich nicht entfalten. Gleichzeitig stärken die Warmluftmassen den subtropischen Hochdruckgürtel, der sich bis über die Alpen nach Norden ausdehnen kann, wie es im Sommer 2015 auch passiert ist.
In La Nina Jahren oder unter neutralen Bedingungen fällt dieser Warmlufttransport durch starken Westwind auf den Atlantik weg. Hurrikans können sich normal entwickeln und auf ihrem Weg entlang der amerikanischen Ostküste über den Nordatlantik als Tiefdrucksysteme den europäischen Kontinent erreichen und auch unser Wetter beeinflussen. Die Wahrscheinlichkeit dafür nimmt in der zweiten Sommerhälfte zu.
Atlantik
Nach wie vor fällt die deutliche negative Temperaturanomalie (blau) im Nordatlantik auf, über der es 2015 immer wieder zu Austrogungen verbunden mit warmen Vorderseitenlagen in Zentraleuropa kam:
Quelle: link
Ursachenforschung über dieses Phänomen gibt es als Fallstudie in einem eigenen Beitrag (link) . Mittlerweile habe ich zusätzliche Erkenntnisse, die auf eine mögliche Verschiebung der atmosphärischen Rossbywellen, verursacht durch Temperaturanomalien am Pazifik (PDO/Pazifische Dekaden Oszillation), hindeuten. Einen Beitrag zur PDO mit möglichem Einfluss auf Rossbywellen/Jetstream werde ich in der kommenden Woche den Fallstudien hinzufügen.
Die aktuelle Kaltwasseranomalie im Nordatlantik zeigt zwar keine gravierenden Änderung zum letzten Sommer, aber daraus zu schließen, dass der Sommer 2016 ebenso heiß wird wie der Sommer 2015, halte ich für nicht zulässig.
Meine Schlussfolgerung:
Ohne einem Super ElNino werden keine Warmluftmassen über die Troposphäre auf den Atlantik und bis Europa transportiert. Das Subtropenhoch wird sich demnach nicht, wie im letzten Jahr, so weit über seinen angestammten Bereich hinaus nach Norden ausdehnen und sämtliche Fronten vom Atlantik blockieren.
Die schwächere Ausgangslage des Subtropenhochs vor dem heurigen Sommer 2016 im Vergleich zu 2015 sieht man deutlich in der Geopotentialabweichung vom langjährlichen Mittel für den Zeitraum März – Mai.
Vor dem Hitzesommer 2015 war im Bereich Biskaya/westliches Mittelmeers/NW-Afrika ein deutlicher Geopotentialüberschuss vorhanden:
Heuer 2016 ist eher das Gegenteil der Fall, was für ein schwächeres Subtropenhoch spricht:
Reanalyse NOAA ESLR
Ich rechne deshalb, dass heuer die warmen Vorderseitenlagen nicht von langer Dauer sind, da die Tröge auf das Festland mit Störungen und kühlerer Atlantikluft übergreifen können. Außerdem ist dank LaNina im heurigen Sommer, wie weiter oben beschrieben, wieder mit einer normalen Hurrikanaktivität am Atlantik zu rechnen. Damit verbunden werden die „Reste“ einzelner Hurrikans im Sommerverlauf, die auf ihrem Weg über den Atlantik die nördliche Frontalzone erreichen, als Sturmtiefs Europa erreichen und für unbeständiges Westwetter sorgen.
———————————————————————————
Aus obigen Überlegungen ergibt sich meine persönliche Einschätzung für den Sommer 2016:
Ich erwarte für Österreich einen vorwiegend schwülen Sommer mit einer geringen positiven mittleren Temperaturabweichung von 0,5 K bis maximal 1 K und über den gesamten Zeitraum gesehen überdurchschnittliche Niederschlagsmengen.
Etwas detaillierter betrachtet gehe ich von einen Temperaturüberschuß mit längeren trockenen Phasen in den Monaten Juni/Juli aus. Hier kann an der Vorderseite eines Atlantiktroges durchaus eine mehrtägige Hitzewelle auftreten. Mit der Verlagerung der Tröge nach Osten werden aber auch immer wieder Störungen mit Gewittern eintreffen, die einen schwülen Wetterabschnitt einläuten (vergleichbar mit der letzten Maidekade).
Im August sollte es mit dem Aufleben der atlantischen Hurrikanaktivität deutlich kühlere und feuchtere Wetterabschnitte geben. Die Ursache sehe ich in häufigeren Atlantiktiefs, die als Ex-Hurrikan über Schottland nach Skandinavien ziehen und bei uns zu kühlen und unbeständigen W/NW-Wetterlagen führen.
———————————————————————————
Nachfolgend habe ich noch die Saisonprognosen anderer namhafter meteorologischer Institutionen grafisch dargestellt.
1. ZAMG geht bezüglich Temperatur mit höherer Wahrscheinlichkeit von einem zu warmen bzw. normalen Sommer aus. Die zugrundeliegende Referenzperiode ist 1981-2010.
Aussagen zu Niederschlägen oder GWL´s sind in der Saisonprognose nicht ersichtlich.
Quelle: ZAMG
2. DWD (Deutscher Wetterdienst) geht bei den Temperaturen von einem Durchschnittssommer für Deutschland aus. Zugrundegelegt ist die offizielle klamatologische Referenzperiode der WMO (World Meteorological Organization) 1961-1990. Da in diesen Zeitraum auch noch die kalten 60-iger Jahre und 70-iger Jahe reinfallen, würde die Prognose einen kühlen Sommer bedeuten.
Quelle: DWD
3. CPC (Climate Prediction Center/NOAA) geht von einem Durchschnittssommer aus. Die zugrundeliegende Referenzperiode umfasst 1999-2010.
Nach Westen zu 1 K zu warm:
Die Niederschläge liegen zum Teil unter dem langjährigen Mittel:
Quelle: CPC
4. Accuweather
geht von anhaltenden SW-Lagen aus, mit denen häufig feuchtlabile und teilweise heiße Subtropenluft nach Deutschland gelangt. Die westlichen und nördlichen Teile Österreichs müßten bei Eintreffen der Prognose dadurch vermehrt mit unfreundlichen, schwülen und von Gewittern geprägten Wetterabschnitten rechnen.
Quelle: accuweather
5. Die Saisonprognosen der NASA und und des europäischen Zentrums für Wettervorhersagen (ECMWF/EZ) sind leider nicht frei verfügbar und für mich deshalb nicht zugänglich.
Ich konnte aber herausfinden, dass beide von einem deutlich ( 1 K – 2 K) zu warmen Sommer 2016 in ME ausgehen.