Der zu Ende gegangene meteorologische Winter 2015/2016 geht in das Buch der Rekorde ein. Laut ZAMG ist es der zweitwärmste Winter der Messgeschichte hinter dem Winter 2006/2007. Die Temperatur lag im Mittel um 2,7 K über dem langjährigen Durchschnitt.
Meine Prognose von Ende 11/2015 (link) mit „leicht zu mild“ ist im Nachhinein als stark untertrieben zu sehen 😉
Mit dem viel zu milden zonal geprägten Dezember lag ich noch einigermaßen richtig, der Rest des Winters mag zwar mit meiner Charakterisierung „Mischwinter mit Mild- und Kaltphasen“ getroffen sein, allerdings nur bezogen auf die Wechselhaftigkeit. Bei meiner Temperatureinschätzung habe ich den ElNino-Effekt unterschätzt. Durch dieses Phänomen gelangt freiwerdende Wärme, die bis dato im Pazifik gespeichert war, über die Wasseroberfläche in die Atmosphäre und führt in vielen Regionen zu Wärmeanomalien. Betroffen davon war und ist heuer maßgeblich auch Europa.
Winterlandschaft wie im Beitragsbild gab es deshalb nur selten, da die Schneefallgrenze einerseits meist im Mittel- oder gar Hochgebirge lag, andererseits kältere Phasen rasch von Warmluft und damit Tauwetter abgelöst wurden.
Resümierend bleibt die Erkenntnis, dass das CFSv2-Langfrismodell von NOAA/CPC ( Amerikanische Ozean und Atmosphären-Behörde/Climate Prediction Center) die Temparaturentwicklung für den Winter 2015/2016 bereits Monate im Vorhinein sehr gut erfasst hatte.
Wo sich der heurige Winter 2015/2016 in der langjährigen Messgeschichte einreiht, zeigt sehr eindrucksvoll das nachfolgende Balkendiagramm der ZAMG:
Den gesamten Artikel zur Winteranalyse der ZAMG findest du hier.
Im Klimaspiegel für 01-02.2016 der ZAMG für Wien und dem Sonnblick sieht man, dass die kälteren Phasen nur von kurzer Dauer waren. Die Niederschlagsmengen waren leicht überdurchschittlich, was auf die feuchtmilden Atlantikwetterlagen zurückzuführen ist:
Auch bei meiner Wetterstation in Thenneberg/Oberes Triestingtal konnte ich extreme Temperaturschwankungen beobachten.
Tiefstwert: -20,6° C am 22.1.2016
Höchstwert: + 19,2° C am 22.2.2016
Der Gesamtniederschlag – mit Unschärfen wegen der ungenaueren Erfassung der Schneemengen – lag bei 183mm. Damit wurde das Niederschlagsdefizit des sehr trockenen Dezembers ausgeglichen. Trotzdem ist festzustellen, dass aufgrund einer fehlenden Schneedecke keine Feuchtigkeitsreserven fürs Frühjahr vorhanden sind.
Gibt es erkennbare Ursachen für den extremen Mildwinter?
Dass das ElNino-Phänomen eine dominante Einflussgröße darstellt, habe ich weiter oben schon erwähnt.
In den Abweichungen des Druckmusters über dem Atlantik und Europa lassen sich die Folgen auf das Zirkulationsmuster erkennen. Die nachfolgende Reanalyse der Geopotentialabweichung in 500hPa zeigt, dass – gemittelt über den gesamten Winter – eine markant negative Druckabweichung über dem Nordatlantik südlich von Island vorhanden war, während durch das nach Norden verschobene Subtropenhoch eine positive Abweichung vom zentralen Mittelmeer bis zu den Alpen zu sehen ist. Dazwischen lebte die Zufuhr milder subtropischer Luftmassen aus dem Bereich der Azoren nach ME immer wieder auf:
Erwähnenswert finde ich auch die Tatsache, dass exakt im Bereich der negativen Druckanomlie über dem Nordatlantik eine negative Temperaturanomalie des Oberflächenwassers liegt:
Quelle: ESRL.NOAA
Ob es zwischen den beiden Parametern einen Zusammenhang gibt, versuche ich gerade herauszufinden. Hintergrundinformation für einen Workshop mit Meteorologen der ZAMG zu diesem Thema findest du hier: link.
Spannend ist jetzt natürlich zu hinterfragen, ob sich dieser Trend mit extremen positiven Temperaturabweichungen im Frühjahr fortsetzt. Aus Sicht der Wahrscheinlichkeit ist dies ganz klar mit „JA“ zu beantworten. Wichtige Ausgangparameter nach diesem Winter (z.B. aktuelle Temperaturanomalien, anhaltende ElNino-Bedingungen, unterdurchschittliche Schneebedeckung, Minimum in der arktischen Eisausdehnung….) sprechen dafür.
Ein Blick auf die aktuelle Karte mit den weltweiten Temperaturabweichungen zeigt ein trauriges Bild mit fast nur „rot“:
Trotzdem gibt es auch Anzeichen für eine Trendwende mit einer Temperaturnormalisierung im Alpenbereich.
In den nächsten Tagen werde ich meine Erkenntnisse in einem Beitrag der „Lagfristprognosen“ zusammenfassen.
Hallo Franz,
es ist wirklich immer hochinteressant, deine fachlich fundierten und für Wetter-Normalkonsumenten gut verständlichen Ausführungen zu lesen.
Gott sei Dank gibt es deine Website, sonst wüsste ich gar nicht mehr, wie eine Winterlandschaft aussieht…
LG ins obere Triestingtal
Hannes
Servus Hannes,
danke für die Blumen 🙂
So ist die Seite ja auch grundsätzlich konzipiert: vom Laien (=Hobbymeteorologen) für den Laien (=Wetterinteressierten). Und das ganze garniert mit aktuellen Wetterbildern und Bildsequenzen meiner Outdoor-Aktivitäten. Daran werde ich auch festhalten.
Mir ist zwar bewußt, dass einige meiner Analysen schwerer Kost darstellen, aber die Zielgruppe hat sich seit Bestehen der Seite doch etwas erweitert.
LG, Franz